RNA-basierte Pflanzenschutztechnologien im Gartenbau

 

projektlogo smallho[RtikulturNA] Projektlogo © A Koch, Uni Regensburg

Hintergrund

RNA-Interferenz (RNAi) ist ein natürlicher Mechanismus zur Gen-Stummschaltung, der in allen eukaryotischen Organismen vorkommt. Dabei wird gezielt die Boten-RNA (mRNA), die für die Umsetzung der genetischen Information notwendig ist, gezielt abgebaut. In den letzten Jahren hat RNAi in der Landwirtschaft, insbesondere im Bereich Pflanzenschutz, zunehmend an Bedeutung gewonnen. Diese fortschrittliche Technologie stellt eine hochspezifische und umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen chemischen Pflanzenschutzmitteln dar. Der Wirkmechanismus basiert auf dem Einsatz von doppelsträngiger RNA (dsRNA), die gezielt spezifische Gene von Pflanzenschädlingen oder Krankheitserregern ausschaltet. Die dsRNA wird auf die Pflanzen appliziert, gelangt über das Verdauungssystem in die Zellen der Schädlinge und schaltet dort gezielt deren Gene aus. Im Vergleich zu herkömmlichen Pestiziden zeichnet sich RNAi durch eine entscheidende Stärke aus: Die hohe Spezifität schützt Nützlinge, Bestäuber und andere Nicht-Zielorganismen und minimiert gleichzeitig negative Auswirkungen auf die Umwelt. Die Wirksamkeit gegen zahlreiche agronomisch relevante Schaderreger ist wissenschaftlich belegt, und erste RNAi-Produkte, wie das in den USA zugelassene „Calantha“, sind bereits verfügbar. Mit weiteren weiterer Produktentwicklungen und Zulassungen wird RNAi eine zentrale Rolle im nachhaltigen Pflanzenschutz der Zukunft spielen – als präzise, wirksame und umweltverträgliche Lösung, die keine genetischen Veränderungen an Pflanze oder Schädling verursacht.

projektubersicht smallho[RtikulturNA] Projektübersicht © A Koch, Uni Regensburg

 

 

Das Projekt ho[RtikulturNA] hat zum Ziel, innovative RNA-basierte Pflanzenschutztechnologien für den Gartenbau zu entwickeln und deren Wirksamkeit unter Freilandbedingungen zu validieren. Im Mittelpunkt steht die Optimierung des SIGS-Verfahrens (spray-induced gene silencing), bei dem doppelsträngige RNA (dsRNA) gezielt Gene von Pflanzenschädlingen ausschaltet.

 

Methode

Um die Stabilität und Wirksamkeit der dsRNA zu gewährleisten, werden Mikrogelsysteme entwickelt, die die RNA vor äußeren Einflüssen wie Regen, UV-Strahlung und abbauenden Enzymen schützen. Die Technologie wird an gartenbaulich relevanten Schädlingen wie der Kohlschabe (Plutella xylostella), Kohleule (Mamestra brassicae), Gemeinen Spinnmilbe (Tetranychus urticae) und dem Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) getestet. Parallel dazu werden Mikrogel-Container konzipiert, die eine gezielte Freisetzung der dsRNA ermöglichen und die Haftung sowie Regenfestigkeit auf Pflanzenoberflächen optimieren. Ein besonderer Fokus liegt auf biobasierten und biologisch abbaubaren Polymeren wie Chitosan und Pektin. Diese Polymere binden die RNA-Moleküle über elektrostatische Wechselwirkungen und schützen sie vor vorzeitigem Abbau. Die Freisetzung der RNA am Zielort wird durch die gezielte Steuerung von pH-Wert und Temperatur ermöglicht. So wird die Effizienz der Technologie gesteigert und mögliche Auswirkungen auf Nichtzielorganismen minimiert.

Bisherige Projektergebnisse

Im Projekt ho[RtikulturNA] wurden bedeutende Fortschritte bei der Entwicklung von RNA-basierten Pflanzenschutztechnologien erzielt. Der Schwerpunkt lag auf der Optimierung von Mikrogelsystemen zur Verkapselung und kontrollierten Freisetzung von dsRNA. Auf Chitosan basierende Mikrogelsysteme wurden erfolgreich entwickelt, wobei die Größe der Mikrogele mit Hilfe eines Büchi-Encapsulators präzise im gewünschten Bereich eingestellt werden konnte. Außerdem wurde eine hohe Produktionsrate erreicht. Die Mikrogele wurden umfassend auf ihr Verhalten bei unterschiedlichen pH-Werten und Salzkonzentrationen getestet. Heterogene Mikrogele erwiesen sich als stabil im basischen Milieu und lösten sich im sauren Milieu auf, während homogene Mikrogele das umgekehrte Verhalten zeigten: stabil im sauren Milieu, aber zerfallend im basischen Milieu. Erste Tests mit Insektendarmflüssigkeit zeigten eine pH-abhängige Freisetzung der RNA im Zielorganismus. Außerdem konnte gezeigt werden, dass die dsRNA durch Diffusion effizient in die Mikrogele geladen werden kann. Die Optimierung der spezifischen Beladung und des Freisetzungsprofils befindet sich in der Endphase. Auch die Integration der dsRNA direkt während der Mikrogelsynthese wurde erfolgreich vorbereitet, erste Versuche zeigten vielversprechende Ergebnisse. Die Technologie wurde an relevanten Schädlingen wie Kohlschabe (Plutella xylostella), Kohleule (Mamestra brassicae), Spinnmilbe (Tetranychus urticae) und Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) getestet. Erste Fütterungsversuche mit dsRNA-beladenen Mikrogelen bestätigten die erfolgreiche Aufnahme im Insektendarm. Analysen zur Verweildauer und Morphologie der Mikrogele während der Darmpassage werden derzeit durchgeführt. Um mögliche Nebenwirkungen auf Nicht-Zielorganismen zu minimieren, wurden in silico Off-Target Analysen durchgeführt. Darüber hinaus wurden Darmextrakte der Zielinsekten erfolgreich präpariert und stehen für detaillierte Proteomanalysen zur Verfügung. Erste Ergebnisse haben vielversprechende Ribonuklease-Kandidaten identifiziert, die nun auf ihre Aktivität hin untersucht werden.

video frame small 2Video RNA Spray Wirkmechanismus: RNA-Interferenz (RNAi) ist eine innovative Pflanzenschutztechnologie, die eine gezielte und umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Pestiziden bietet. Sie nutzt einen natürlichen Mechanismus der Genregulation, um gezielt Gene von Schädlingen stillzulegen, ohne das Erbgut der Pflanze oder des Schaderregers zu verändern © A Koch, Uni Regensburg

Frau Prof. Dr. Aline Koch (aline.koch@biologie.uni-regensburg.de)
  • © Aline Koch, Universität Regensburg, Fakultät für Biologie und Vorklinische Medizin (Uni Regensburg)